
Kollaborative Forschung und Entwicklung (F&E) hat sich zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen jeder Größe entwickelt. Im Zeitalter der Digitalisierung und globaler Märkte können selbst große Konzerne nicht mehr alle erforderlichen Kompetenzen intern abdecken. Die Bündelung von Ressourcen, Wissen und Technologien durch strategische Partnerschaften beschleunigt Innovationszyklen deutlich und verteilt gleichzeitig Risiken auf mehrere Schultern. Besonders im deutschen Wirtschaftsraum mit seiner starken Forschungslandschaft und dem leistungsfähigen Mittelstand bieten kollaborative F&E-Modelle enorme Chancen. Die Verbindung zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen schafft wichtige Synergien, die zur Steigerung der Innovationskraft und zur Lösung komplexer Herausforderungen beitragen.
Grundlagen kollaborativer F&E-Modelle im deutschen Mittelstand
Der deutsche Mittelstand bildet das Rückgrat der Wirtschaft und zeichnet sich durch seine Innovationsfähigkeit aus. Dennoch stehen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor besonderen Herausforderungen bei F&E-Aktivitäten. Begrenzte Ressourcen, fehlendes Spezialwissen und hohe Kosten erschweren oft den Innovationsprozess. Kollaborative F&E-Modelle bieten hier eine effektive Lösung, indem sie den Zugang zu externem Know-how ermöglichen und die finanzielle Belastung verteilen.
Im deutschen Mittelstand haben sich verschiedene Kooperationsformen etabliert. Vertikale Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette mit Lieferanten und Kunden zählen zu den häufigsten Formen. Horizontale Kooperationen zwischen Unternehmen der gleichen Branche fokussieren sich dagegen oft auf vorwettbewerbliche Themen. Besonders wertvoll sind Cross-Industry-Partnerschaften, bei denen Wissen aus unterschiedlichen Branchen kombiniert wird und disruptive Innovationen entstehen können.
Die Statistik zeigt die Bedeutung kollaborativer F&E für den Mittelstand: Laut ZEW-Innovationserhebung arbeiten mehr als 30% der innovativen KMUs in Deutschland in F&E-Projekten mit externen Partnern zusammen. Unternehmen mit Kooperationsaktivitäten weisen zudem eine um durchschnittlich 15% höhere Innovationsrate auf als nicht-kooperierende Unternehmen.
Kollaborative F&E ist kein Luxus, sondern eine strategische Notwendigkeit für mittelständische Unternehmen, die im globalen Wettbewerb bestehen wollen. Die Kombination komplementärer Stärken schafft Innovationspotenziale, die im Alleingang nicht realisierbar wären.
Ein zentraler Erfolgsfaktor für kollaborative F&E-Modelle im Mittelstand ist die richtige Partnerwahl. Wichtige Kriterien umfassen die strategische Passung, komplementäre Kompetenzen, kulturelle Übereinstimmung und klare Zieldefinitionen. Erfolgreiche Mittelständler setzen dabei auf strukturierte Auswahlverfahren und definierte Partnerschaftsmodelle, die unterschiedliche Intensitäten der Zusammenarbeit ermöglichen – von losen Kooperationen bis hin zu Joint Ventures.
Open Innovation als strategischer Wettbewerbsvorteil
Open Innovation hat sich als Paradigmenwechsel in der Innovationslandschaft etabliert. Im Gegensatz zum klassischen geschlossenen Innovationsmodell öffnen Unternehmen ihre F&E-Prozesse gezielt für externe Impulse, Ideen und Technologien. Dieser Ansatz ermöglicht es, das kollektive Wissen von Kunden, Lieferanten, Forschungseinrichtungen und sogar Wettbewerbern zu nutzen und dadurch Innovationszyklen zu beschleunigen und die Trefferquote bei Markteinführungen zu erhöhen.
Die Integration von Open Innovation in die Unternehmensstrategie schafft nachhaltige Wettbewerbsvorteile. Deutsche Unternehmen wie Siemens, Bosch und SAP haben durch systematische Open Innovation-Prozesse ihre Innovationskraft deutlich gesteigert. Statistiken belegen, dass Unternehmen mit Open Innovation-Ansätzen eine um bis zu 20% höhere Erfolgsrate bei Produkteinführungen erzielen und die Time-to-Market um durchschnittlich 25% verkürzen können.
Für die erfolgreiche Implementierung von Open Innovation sind spezifische organisatorische Voraussetzungen notwendig. Dazu zählen eine offene Unternehmenskultur, klare Prozesse für die Evaluation externer Ideen und professionelles Intellectual Property Management. Besonders wichtig ist die Überwindung des "Not-Invented-Here"-Syndroms, also der Ablehnung externer Innovationen durch interne F&E-Teams.
Fraunhofer-Modell: Erfolgsbeispiel für industrienahe Forschungskooperation
Die Fraunhofer-Gesellschaft verkörpert ein besonders erfolgreiches Modell der industrienahen Forschungskooperation in Deutschland. Mit 76 Instituten und Forschungseinrichtungen bildet sie eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und industrieller Anwendung. Das Finanzierungsmodell der Fraunhofer-Institute basiert auf einer Kombination aus öffentlicher Grundfinanzierung und Drittmitteln aus Industrieaufträgen, was einen starken Anwendungsbezug der Forschung sicherstellt.
Für mittelständische Unternehmen bietet das Fraunhofer-Modell verschiedene Kooperationsformen: von kurzfristigen Auftragsforschungen über gemeinschaftliche Forschungsprojekte bis hin zu strategischen Partnerschaften. Ein konkretes Erfolgsbeispiel ist die Entwicklung der MP3-Technologie am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS), die zu einem globalen Standard wurde.
Besonders wertvoll für KMUs ist das Clusterprinzip der Fraunhofer-Institute, das die Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen an gemeinsamen Fragestellungen ermöglicht. Durch die Bündelung von Ressourcen können auch kleinere Unternehmen von hochklassiger Forschungsinfrastruktur profitieren, die sonst nicht zugänglich wäre.
Cross-Industry-Innovation durch Plattformen wie InnoNet und ZIM
Cross-Industry-Innovation – die branchenübergreifende Kombination von Technologien und Konzepten – gewinnt zunehmend an Bedeutung. Förderprogramme wie das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) und InnoNet unterstützen gezielt solche branchenübergreifenden Kooperationen und senken die Einstiegshürden für KMUs.
ZIM bietet finanzielle Förderung für F&E-Kooperationsprojekte zwischen Unternehmen unterschiedlicher Branchen sowie zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Die Erfolgsquote ist beeindruckend: Über 70% der geförderten Projekte führen zu marktfähigen Produkten oder Verfahren. Ein konkretes Beispiel ist die Entwicklung eines neuartigen Sensorsystems für die Lebensmittelindustrie, bei dem Technologien aus der Medizintechnik adaptiert wurden.
InnoNet konzentriert sich auf die Bildung von Innovationsnetzwerken mit mindestens zwei Forschungseinrichtungen und vier mittelständischen Unternehmen. Diese kritische Masse schafft ein dynamisches Innovationsumfeld, in dem disruptive Lösungen entstehen können. Die durchschnittliche Investitionsrendite bei InnoNet-Projekten liegt bei 1:7 – für jeden investierten Euro werden sieben Euro an wirtschaftlichem Nutzen generiert.
Siemens Open Innovation Ecosystem: Praxiseinblick und Ergebnisse
Siemens hat mit seinem Open Innovation Ecosystem einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt, der verschiedene Kooperationsformen kombiniert. Der Technologiekonzern nutzt sowohl interne als auch externe Innovationsquellen und hat zahlreiche Plattformen für den Wissensaustausch geschaffen. Dazu gehören Innovationszentren, Technologiepartnerschaften mit Startups und akademischen Einrichtungen sowie Open Innovation Challenges.
Ein zentrales Element des Siemens-Ansatzes ist die next47
-Plattform, die als Venture-Capital-Einheit fungiert und vielversprechende Startups identifiziert und fördert. Durch diesen Ansatz kann Siemens disruptive Technologien frühzeitig erkennen und in sein Ökosystem integrieren. Die Kennzahlen sprechen für sich: Über 1.000 Startups wurden bereits evaluiert, mehr als 40 strategische Investments getätigt und zahlreiche Technologien in das Siemens-Portfolio integriert.
Besonders erfolgreich war die Kollaboration im Bereich Industrieller Internet of Things (IIoT). Durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Software-Startups konnte Siemens seine MindSphere -Plattform deutlich schneller entwickeln und am Markt etablieren. Der Return on Investment (ROI) solcher Kooperationen wird von Siemens mit dem Faktor 4,5 angegeben – deutlich höher als bei rein internen Entwicklungen.
Rechtliche Rahmenbedingungen bei F&E-Kooperationen nach deutschem Recht
Bei kollaborativen F&E-Projekten sind solide rechtliche Rahmenbedingungen entscheidend für den Erfolg. Das deutsche Recht bietet verschiedene Vertragsmodelle für F&E-Kooperationen, die unterschiedliche Aspekte der Zusammenarbeit regeln. Zu den wichtigsten vertraglichen Regelungsbereichen gehören die Verteilung von Rechten an gemeinsam geschaffenen Forschungsergebnissen, Geheimhaltungsvereinbarungen, Haftungsfragen und die Regelung von Nutzungsrechten.
Das deutsche Kartellrecht spielt eine wichtige Rolle bei F&E-Kooperationen. Die F&E-Gruppenfreistellungsverordnung
ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen Kooperationen zwischen Wettbewerbern, ohne dass diese als wettbewerbswidrige Absprachen eingestuft werden. Besonders bei vorwettbewerblichen Forschungsprojekten sind solche Kooperationen rechtlich unbedenklich.
Bei der Zusammenarbeit mit Hochschulen und öffentlichen Forschungseinrichtungen sind spezifische Regelungen zu beachten. Das Arbeitnehmererfindergesetz regelt beispielsweise die Rechte an Erfindungen von Hochschulangehörigen. Moderne Forschungskooperationsverträge beinhalten typischerweise differenzierte Regelungen zu Background-IP (eingebrachtes Wissen) und Foreground-IP (neu geschaffenes Wissen) sowie entsprechende Verwertungsrechte.
Implementierung erfolgreicher F&E-Partnerschaften zwischen Hochschulen und Industrie
Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Industrie stellt eine besonders wertvolle Form kollaborativer F&E dar. Während Hochschulen über exzellentes Grundlagenwissen und Forschungsinfrastruktur verfügen, bringen Unternehmen Anwendungswissen und Marktzugang ein. Diese Kombination ermöglicht den raschen Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in marktfähige Produkte und Verfahren.
Die Implementierung erfolgreicher Hochschul-Industrie-Kooperationen erfordert ein Verständnis der unterschiedlichen Ziele und Arbeitskulturen. Während Hochschulen primär auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Publikationen fokussieren, streben Unternehmen nach wirtschaftlich verwertbaren Ergebnissen. Diese Zieldivergenz muss durch geeignete Governance-Strukturen und transparente Kommunikation überbrückt werden.
In Deutschland haben sich verschiedene Kooperationsmodelle bewährt. Dazu gehören bilaterale Forschungsprojekte, Industry-on-Campus-Modelle, gemeinsame Forschungslabore und Stiftungsprofessuren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert zudem Transferprojekte, die explizit auf die Überführung akademischer Forschungsergebnisse in die industrielle Anwendung abzielen.
RWTH Aachen und Ford: Strukturierte Kooperationsmodelle im Automobilsektor
Die Zusammenarbeit zwischen der RWTH Aachen und Ford Europa stellt ein Paradebeispiel für eine langfristige, strategische F&E-Partnerschaft
dar im Automobilsektor.
Die Kooperation zwischen der RWTH Aachen und Ford Europa hat sich über mehr als zwei Jahrzehnte zu einem Musterbeispiel für strukturierte Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Industrie entwickelt. Im Mittelpunkt steht das "Ford Forschungszentrum Aachen" (FFA), das als integrierter Bestandteil des RWTH Aachen Campus fungiert und über 60 Wissenschaftler beschäftigt. Diese langfristige Partnerschaft kombiniert Grundlagenforschung mit anwendungsorientierter Entwicklung in Bereichen wie Elektromobilität, autonomes Fahren und neue Fertigungstechnologien.
Ein zentraler Erfolgsfaktor liegt in der mehrstufigen Kooperationsstruktur. Kurzfristige Projekte dienen als Einstieg und ermöglichen die Erprobung der Zusammenarbeit. Mittelfristige Themenschwerpunkte bündeln mehrere Projekte zu strategischen Forschungsfeldern. Die langfristige institutionelle Einbindung durch das FFA schafft schließlich einen dauerhaften Wissenstransfer zwischen Hochschule und Unternehmen.
Die Ergebnisse der Kooperation sind beeindruckend: Über 200 gemeinsame Patente, mehr als 60 erfolgreich in die Serienproduktion überführte Technologien und zahlreiche Absolventen, die nach ihrer Tätigkeit in Forschungsprojekten direkt zu Ford wechselten. Der wirtschaftliche Nutzen für Ford wird auf das 8-fache der investierten Mittel geschätzt, während die RWTH von der Praxisnähe und zusätzlichen Forschungsmitteln profitiert.
Clusterinitiativen wie Medical Valley EMN als regionale Innovationstreiber
Regionale Innovationscluster haben sich als besonders wirksame Strukturen für kollaborative F&E etabliert. Das Medical Valley EMN (Europäische Metropolregion Nürnberg) ist ein herausragendes Beispiel für einen erfolgreichen Gesundheitscluster, der Unternehmen, Hochschulen, Kliniken und Forschungseinrichtungen vernetzt. Als eines der Spitzencluster des BMBF fördert Medical Valley gezielt den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft im Bereich der Medizintechnik.
Die Stärke des Cluster-Ansatzes liegt in der räumlichen Nähe und der thematischen Fokussierung. Durch regelmäßige Netzwerkveranstaltungen, gemeinsame Forschungsprojekte und eine zentrale Koordinationsstelle entstehen enge persönliche Beziehungen zwischen den Akteuren. Diese Vertrauensbasis ist entscheidend für den erfolgreichen Wissenstransfer und die Umsetzung innovativer Ideen.
Die Innovationskraft eines Clusters entsteht durch die einzigartige Kombination aus Wettbewerb und Kooperation. Unternehmen stehen im Wettbewerb, arbeiten aber gleichzeitig an gemeinsamen Herausforderungen und nutzen die kollektive Intelligenz des Netzwerks.
Medical Valley hat messbare wirtschaftliche Erfolge erzielt: Über 65 Startups wurden seit der Gründung aus dem Cluster heraus gegründet, mehr als 500 Millionen Euro an öffentlichen und privaten Mitteln für F&E-Projekte eingeworben und zahlreiche Medizinprodukte bis zur Marktreife entwickelt. Besonders kleinere Unternehmen profitieren von der Einbindung in das Cluster-Netzwerk, da sie Zugang zu Forschungsinfrastruktur und klinischen Partnern erhalten, die sonst nur großen Unternehmen vorbehalten wären.
Technologietransfer durch Einrichtungen wie Steinbeis und PVA
Professionelle Transfereinrichtungen spielen eine Schlüsselrolle bei der Überbrückung der Lücke zwischen akademischer Forschung und industrieller Anwendung. In Deutschland haben sich vor allem das Steinbeis-Netzwerk und die Patentverwertungsagenturen (PVA) als wichtige Mittler etabliert.
Das Steinbeis-Netzwerk umfasst über 1.000 Transferzentren, die meist an Hochschulen angesiedelt sind und als unternehmerische Einheiten agieren. Jedes Zentrum wird von einem Hochschulprofessor geleitet und konzentriert sich auf ein spezifisches Fachgebiet. Diese dezentrale Struktur ermöglicht einen direkten und unbürokratischen Technologietransfer, der besonders für KMUs attraktiv ist. Die Steinbeis-Zentren bieten verschiedene Dienstleistungen an – von Beratung über Auftragsforschung bis hin zur Durchführung komplexer Entwicklungsprojekte.
Die Patentverwertungsagenturen (PVA) unterstützen Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der Identifizierung, dem Schutz und der Vermarktung von Erfindungen. Sie übernehmen die Patentanmeldung, suchen aktiv nach Lizenznehmern und verhandeln entsprechende Verträge. Durch die IP-Professionalisierung
an Hochschulen hat sich die Zahl der Patentanmeldungen und Lizenzvereinbarungen in den letzten Jahren deutlich erhöht.
Ein interessantes Modell ist der IP-for-Equity-Ansatz, bei dem Hochschulen Patentrechte gegen Unternehmensanteile bei Ausgründungen eintauschen. Dies schafft langfristige Anreize für beide Seiten und unterstützt den Transfer durch unternehmerische Aktivitäten. Die Technische Universität München hat mit diesem Ansatz bereits über 30 erfolgreiche Ausgründungen begleitet und signifikante Rückflüsse erzielt.
Digitale Kollaborationswerkzeuge für verteilte F&E-Teams
Die Digitalisierung hat die Möglichkeiten für standortübergreifende F&E-Kooperationen grundlegend erweitert. Moderne Kollaborationswerkzeuge ermöglichen heute eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen verteilten Teams und schaffen neue Formen der gemeinsamen Wertschöpfung. Diese Tools lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen, die unterschiedliche Aspekte der F&E-Zusammenarbeit unterstützen.
Cloud-basierte Entwicklungsumgebungen wie GitHub, GitLab oder Microsoft Azure DevOps ermöglichen die gemeinsame Arbeit an Code und technischen Dokumentationen. Diese Plattformen bieten Versionskontrolle, Issue-Tracking und automatisierte Tests – wesentliche Funktionen für verteilte Softwareentwicklung. Ähnliche Ansätze finden sich auch in der Hardware-Entwicklung, wo CAD-Systeme wie Autodesk Fusion 360 oder OnShape kollaboratives Design im Browser ermöglichen.
Für die konzeptionelle Arbeit und das Wissensmanagement haben sich Digital Workspace-Lösungen wie Confluence, Notion oder Microsoft Teams etabliert. Diese kombinieren Dokumentenverwaltung, Wikis und Kommunikationskanäle und schaffen so einen digitalen Ort für den Austausch von Ideen und Ergebnissen. Besonders wertvoll ist die Möglichkeit, informelles Wissen zu dokumentieren und für alle Beteiligten zugänglich zu machen.
Virtuelle Labore und Simulationsumgebungen stellen die nächste Evolutionsstufe dar. Sie ermöglichen die gemeinsame Durchführung von Experimenten und Tests, ohne dass eine physische Präsenz erforderlich ist. Ein Beispiel ist die LabVIEW
-Plattform von National Instruments, die den Remote-Zugriff auf Messgeräte und Testaufbauten erlaubt. Dies reduziert Reisekosten und beschleunigt die Entwicklungszyklen erheblich.
Förderungsmöglichkeiten durch BMBF und Horizon Europe für KMUs
Für kleine und mittlere Unternehmen stehen vielfältige Fördermöglichkeiten zur Verfügung, um kollaborative F&E-Projekte zu realisieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bietet verschiedene Programme, die speziell auf die Bedürfnisse von KMUs zugeschnitten sind. Das KMU-innovativ Programm beispielsweise fördert technologieoffene Forschungsprojekte mit bis zu 60% der Projektkosten.
Auf europäischer Ebene bietet Horizon Europe, das größte Forschungs- und Innovationsprogramm der EU, spezifische Instrumente für KMUs. Der EIC Accelerator
unterstützt dabei besonders innovative Unternehmen mit einer Kombination aus Zuschüssen und Eigenkapitalfinanzierung. Die Erfolgsquote deutscher KMUs bei Horizon Europe liegt bei etwa 15%, was deutlich über dem EU-Durchschnitt von 12% liegt.
Besonders erfolgreich sind Förderanträge, die einen klaren Innovationssprung nachweisen können und eine realistische Verwertungsstrategie aufzeigen. Die Einbindung akademischer Partner erhöht dabei nachweislich die Erfolgsaussichten - Projekte mit Hochschulbeteiligung haben eine um 20% höhere Bewilligungsquote.
Risikomanagement und IP-Schutz bei kollaborativen Innovationsprojekten
Kollaborative F&E-Projekte bergen spezifische Risiken, die ein systematisches Management erfordern. Zentrale Herausforderungen sind der Schutz geistigen Eigentums, die Kontrolle von Informationsflüssen und die Absicherung gegen technologische und kommerzielle Risiken. Ein professionelles Risikomanagement umfasst dabei sowohl präventive Maßnahmen als auch klare Prozesse für den Umgang mit auftretenden Problemen.
Der Schutz von IP erfordert eine sorgfältige vertragliche Gestaltung der Zusammenarbeit. Bewährte Instrumente sind Joint Development Agreements, die detailliert regeln, wie mit gemeinsam entwickelten Innovationen umgegangen wird. Ergänzend empfiehlt sich der Aufbau eines systematischen IP-Monitorings, um Verletzungen von Schutzrechten frühzeitig zu erkennen.
Die beste Absicherung ist ein ausgewogenes Verhältnis von Schutz und Offenheit. Zu restriktive IP-Regelungen können die kreative Zusammenarbeit behindern, während zu große Offenheit Wettbewerbsvorteile gefährdet.
Kennzahlen und Performance-Messung kollaborativer F&E-Aktivitäten
Die Messung des Erfolgs kollaborativer F&E erfordert ein differenziertes Kennzahlensystem, das sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte berücksichtigt. Neben klassischen F&E-Kennzahlen wie Patentanmeldungen und Produkteinführungen spielen bei Kooperationen auch Prozessmetriken eine wichtige Rolle.
Technology Readiness Level (TRL) als Bewertungsinstrument
Das Technology Readiness Level hat sich als standardisiertes Instrument zur Bewertung des Entwicklungsstands von Technologien etabliert. Die neunstufige Skala reicht von der Grundlagenforschung (TRL 1) bis zur marktreifen Anwendung (TRL 9). Bei kollaborativen Projekten dient der TRL als gemeinsame Sprache zwischen den Partnern und ermöglicht eine objektive Fortschrittsmessung.
Balanced Scorecard-Ansatz für F&E-Kooperationen
Eine angepasste Balanced Scorecard für F&E-Kooperationen berücksichtigt neben finanziellen auch prozessbezogene, kundenorientierte und Lernperspektiven. Typische KPIs umfassen die Time-to-Market neuer Produkte, die Qualität der Zusammenarbeit und den Wissenstransfer zwischen den Partnern. Die Innovation Velocity, also die Geschwindigkeit der Umsetzung von Ideen in marktfähige Lösungen, gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung.
BASF Case Study: Wertschöpfungsmessung in Forschungsallianzen
BASF hat ein fortschrittliches System zur Bewertung seiner Forschungsallianzen entwickelt. Der Alliance Value Creator
kombiniert quantitative Metriken wie ROI und Patentportfolio mit qualitativen Indikatoren wie Technologiezugang und Kompetenzaufbau. Die Ergebnisse zeigen, dass erfolgreiche Allianzen einen ROI von durchschnittlich 250% über fünf Jahre erzielen.
Zukunftstrends: Kollaborative F&E im Kontext von Industrie 4.0 und KI
Die digitale Transformation verändert die Art und Weise, wie Unternehmen in F&E zusammenarbeiten grundlegend. Künstliche Intelligenz und Machine Learning ermöglichen neue Formen der Kooperation und beschleunigen den Innovationsprozess. Virtual und Augmented Reality schaffen zudem immersive Kollaborationsumgebungen, die standortübergreifende Entwicklung revolutionieren.
Blockchain-Technologie bietet vielversprechende Ansätze für das Management von IP-Rechten und die transparente Dokumentation von Entwicklungsprozessen. Smart Contracts können dabei die automatisierte Abwicklung von Lizenzvereinbarungen und die faire Verteilung von Entwicklungsergebnissen sicherstellen.
Die Integration von Digital Twins in kollaborative F&E ermöglicht virtuelle Tests und Simulationen in bisher nicht gekannter Präzision. Prognosen zeigen, dass bis 2025 mehr als 70% aller F&E-intensiven Unternehmen Digital Twins in ihre Entwicklungsprozesse integrieren werden. Diese Entwicklung wird die Effizienz und Geschwindigkeit kollaborativer Innovation weiter steigern.